Wacken Open Air 2005

Schlamm, Schlamm und wieder Schlamm. Nach dem Unwetter Erlebnis von 2002 begleitete dieses mal eine regelrechte Schlamm- und Matschmutation die Festivalaktivitäten. Hochgekrempelte Bundihosen, wetterfeste Stiefel und wasserabweisende Kopf- und Körperbedeckungen, aber auch die ein oder anderen Barfußgänger prägten das allgemeine Erscheinungsbild. Einzig der Donnerstag ließ noch Sommerfeeling und Trockenheit aufbringen, bevor sich die Folgetage von feuchtem Nass geschlagen geben mussten, was des Nachts zu einer unglaublich unangenehmen Kälte und klappernden Gerippen führte.

Aber das kann ein Metalherz ja nicht erschüttern!

DONNERSTAG

Candlemass

Ein für dieses WOA eher selteneres Bild durften Candlemass am Donnerstagabend erblicken: Sonnenschein und Trockenheit, gepaart mit jeder Menge Metallern, angereist aus aller Welt. Die Stunde feinsten Doom Metals war eingeleutet und die Freude schien allgemein recht groß, endlich wieder Candlemass in der einzig wahren Besetzung mit Messiah auf der Bühne begrüßen zu dürfen. Als Opener gleich mit dem neuen Album „Black Dwarf“ begonnen, zog auch die übrige Setlist ein gewaltiges Monster Of Doom hinter sich her. Eine derweil schwingende, schaukelnde Mönchskutte des Frontmonsters gab dem Ganzen noch das nötige etwas. Einen besseren Auftakt hätte es bald nicht geben können!

Oomph!

Vielen im ersten Moment vielleicht nicht ganz bewusst, dass Oomph! bereits seit 1989 ihren Weg durch die harten Klänge des Industrial-, Hardcore- und Metalgenres gehen, wurde doch mit diesem Konzert eine hammerstarke Stunde geboten. Das Publikum anfangs nicht so richtig überzeugt, wurde aber mit zunehmender Dunkelheit immer aufgeweckter. Die optisch eher kühle Ausstrahlung der Band, wirkte in Zusammenspiel mit Sound und Songs aber absolut überzeugend. Das niedersächsische Trio weiß ganz genau, was dem Publikum die Schuhe auszieht – düstere, bleischwere Metalklänge wirken einfach betäubend und lassen alles stillschweigend Aufhorchen. Eine Wahnsinnskraft dröhnte von der True Metal Stage – klasse Konzert.

Nightwish

Das Vergnügen, den ersten Festivaltag zu beenden, hatte dieses Jahr die finnische Erfolgskombo Nightwish, die sich selbst aber anscheinend als so liveerprobt und routiniert empfanden, dass dieser Gig für meine Begriffe leider voll und ganz daneben ging. Allen voran Frontfrau Tarja Turunen schien nicht ganz echt und aufgesetzt und selbst die gesangliche Darbietung beinhaltete auch schon eine höhere Qualität. Sorry – aber das war nix!

FREITAG

Mercenary

Freitagfrüh, Party Stage. Das scheinbar ewig bleibende, seit Jahren hartnäckige Problem der Soundüberschneidung zwischen Black – / Party Stage war auch bei den Dänen von Mercenary wieder zu bewundern. Ziemlich ärgerlich, aber trotzdem lieferten die Jungs eine gute Show ab, unter anderem Songs von den bisherigen Alben „Supremacy“, „Everblack“ und des neuen Longplayers „11 Dreams“ waren zu hören. Einzig die tieferen Töne der Songs kamen nicht ganz durch und auch der Gesang hätte ein wenig mehr an „Tiefe“ und Intensität vertragen. Dennoch gut gemeistert.

Morgana Lefay

Schwedischer Power Metal stand nun in Form von Morgana Lefay auf dem Programm. Leichter Nieselregen begleitete dieses zur guten Mittagszeit aufgefahrene Set aus Hits wie “Hollow“, „Maneficium“, „The Source Of Pain“ oder aber die aus vielen Hälsern eifrig mitgesungene Lefay-Hymne „The Boon He Gives“. Ein in allen Bereichen recht erfrischender, gelungener Auftritt.

Edguy

Wenn es eine Band vermag, aus der altbekannten, seit Jahrzehnten bestehenden Bezeichnung `Heavy Metal` eine kleine Abweichung in`s Leben zu rufen, dann mögen es wohl die Jungs von Edguy sein. Bei einer Show wie dieser, landet man doch ziemlich schnell, zumindest in Gedanken, bei dem Begriff `Happy Metal`. Frontmann Tobias Sammet scheint einfach irgendwie verrückt und ich glaube, er kann einfach nix dafür. Und ist es doch letzten Endes genau diese Mischung aus Wahnsinn und Fröhlichkeit, die dem Ganzen eine gewisse Leichtigkeit und ungeheuren Spaß verleiht. Zudem stellte sich besonders dieser Auftritt von Edguy noch einem zusätzlichen Problem entgegen: Strömender Regen, der niemals wieder aufzuhören schien, trieb einerseits die Metalheads zu waghalsigen Schlammakrobatiken und Rutschpartien, andererseits trieb das Wetter den eh schon wilden Tobias zu Höchstleistungen. Ziemlich gut gelaufen.

Within Temptation

Für mich gäbe es absolut keine Schwierigkeiten, müsste ich mich zwischen Nightwish und Within Temptation entscheiden, gehe diese Diskussion doch eindeutig zugunsten letzterer aus. Eingerahmt von einer Kulisse, bestehend aus Engelsstatuen und einer Grabstättenoptik fiel das Hauptaugenmerk jedoch wie erwartet auf Sängerin Sharon den Adel, die wie gehabt in feinstem Zwirn die Bühne betrat. Die Songauswahl war ebenfalls vortrefflich, ein Hit nach dem nächsten berauschte die Menge und überzeugte meine Ohren zu hundert Prozent. Kaum zu glauben, dass dies für die Holländer der erste Auftritt in Wacken war. Genial!

Machine Head

Definitiv eine der am meisten erwarteten Bands waren wohl Machine Head, die mit ihrem Spitzenauftritt die gesamte Fanbase ordentlich abfeiern ließ! Extra aus Amerika eingeflogen, bewiesen Robb Flynn und Co., dass die Ära des Metal noch lange nicht ihrem Ende entgegen blickt, und es noch endloses Potential für weitere Jahre gibt. In diesem Zusammenhang und in Anbetracht der Geräuschkulisse zwar ein eher merkwürdiger Zustand, konnte es der Frontmann aber einfach nicht lassen, sich beim anwesenden Publikum mehrfach, fast schon zwingend, zu bedanken. Immer und immer wieder ließ er seinen Gefühlen freien Lauf und krönte die Masse zu seinen Lieblingen. Ja, was waren wir alle begeistert von diesen Jungs aus Übersee. Herrlich war auch, die alten und neuen Klassiker, und trotzdem vorwiegend Material vom Hammeralbum „Burn My Eyes“ zu hören.

Stratovarius (Special Surprise Act)

Juhu, endlich Power Metal. Man, was haben wir uns gefreut, als wir den Bandnamen `Stratovarius` auf einem vor uns herlaufenden Wacken-2005 Shirt lasen! Und genau da war er entlarvt, der Special Surprise Act. Zwar gönnte man ihnen nur winzige 20 Minuten, die dementsprechend nur für 3 Songs ausreichten, und trotzdem rockten und trällerten sich die Songs ganz schnell in die anwesenden Körper und Ohren. „Maniac Dance“ sollte sogar noch Wochen später unsere Gemüter erfreuen. Viele der auf Apocalyptica wartenden Fans schienen zwar leicht irritiert, und der Funke `Power` sprang wohl nicht auf jeden über, aber ganz tief im Herzen drin, da haben wir doch alle mitgefeiert. Diese Finnen sorgen einfach für Stimmung, da kann man sagen, was man will und da komme was wolle!

Apocalyptica

Die große Stunde von Apocalyptica ist für nicht allzu wenige Fans in Zeiten des rein Cello bestückten Sounds gewesen und somit der Umschwung zu den Drums ein Thema, mit dem es sich auseinander zu setzten gilt. Gelegenheit für eine Hörprobe gab es dann am späten Abend. Gespickt mit mächtig Qualm und Nebel, spielten sich Eicca und Co. die Finger wund und bewiesen ein weiteres mal schier unglaubliches Talent an den Instrumenten. Die wohl in aller Welt bekannten Metallica Songs kommen natürlich nach wie vor ohne Gesang aus, übernimmt diesen Part doch schon seit Jahren das ewig treue Publikum. Für meine Begriffe leben manche Bands einfach besser mit kleingehaltenem Arrangement, das Verzichten auf Schlagzeug wäre hier eine Wiederholung wert.

Samael

Ein Glück, wenigstens Samael nahmen die verdiente, nächtliche Spielposition ein und wussten auch genau, was es der wartenden, frierenden Menge zu geben galt. Mit ihrem unverwechselbaren Düstersound und der energetischen Intensität ihrer Songs zog eine Welle aktuell gebliebener Metalgeschichte über die Crowd. Zweifellos ein Höhepunkt dieses Tages und in Eindruck kaum zu übertreffen. Setlist-technisch war reichlich Abwechslung vorhanden, nur ein leichtes Überwiegen des aktuellen Albums „Reign Of Light“ war zu spüren. Daraus brillierten Songs wie „On Earth“ oder „Inch Allah“. Die teilweise im Schlamm eingesunkene Horde Metaller streckte dem Wetter die Fäuste entgegen und genoss den schweren Donner, der sich von der Bühne aus über die Landen erstreckte.

SAMSTAG

Holy Moses

Seit den Achtzigern aus Thrash Gefilden nicht mehr wegzudenken, schmetterten Holy Moses, ganz besonders Frontröhre Sabina Classen, ein Set der Extraklasse von der Bühne. „World Chaos“, „New Machine Of Lichtenstein“, „Live Destroyer“, um nur einige der dargebotenen Songs aufzulisten, brachten Stimmung und das Erstaunen über dieses Mega-Organ der zarten Sabina hört wohl niemals auf. Respekt! Krönung der Show war eindeutig der spontane Gastauftritt von dem von unser aller heißgeliebtem Onkel Tom Angelripper. Somit versammelten sich gleich zwei Urgesteine der Szene und die Party wurde ehrwürdig abgeschlossen.

Marduk

Zumindest dem Namen `Black Stage` wurde zu dieser Stunde alle Ehre bereitet. Mit der Black Metal Fraktion um und mit den geschminkten Gesellen von Marduk wurden allerdings so einige Fans enttäuscht. Viele schienen es wohl gar nicht erst für nötig, dieser Performance eine Sekunde Aufmerksamkeit zu widmen, und so war es dann auch wirklich – ziemlich langweilig. Ob es an der grellen Tageszeit lag, oder aber an dem fehlenden Etwas beantwortet sich besser jeder selbst. Mittendrin dann noch ein heftiger Regenschauer, und die Depression war perfekt.

Finntroll

Nach der Marduk Enttäuschung auf der Black Stage stand ein schwieriges, zähes `durch den Schlamm stapfen` zur schräg gegenüber gelegenen Party Stage an, um den dort präsentierten finnischen Trollklängen zu lauschen. Hummpa-Inferno und den festen Untergrund schon längst unter den Füßen verloren, feierte eine passable, aneinander gequetschte Menge die nordischen Mannen. Zu dem Partykracher „Trollhammaren“ oder „Jaktens Tid“ wurde gemoshed was das Zeug hielt, die Stimmung superklasse, ganz anders als noch die Kollegen vor der Black Stage. Der Marsch durch Schlamm und Stroh hatte sich definitiv gelohnt.

Hammerfall

Zwischendurch ein wenig Power Metal kann ja nie schaden um depressive Gemüter aufzurütteln. Und so begab es sich zu einer Zeit, in der das Phänomen Hammerfall die Bühne dieses Festes erklomm und eine sympathische Präsentation feinster Melodien ablieferte. Die Schweden gaben sich die Ehre und es schallte die gewohnte Leichtigkeit des Seins zu den Fans, soll heißen – gut war`s! Gutgelaunt und mit reichlich Rock im Blut, wurde gefeiert und Hits wie „Renegade“, „Hammerfall“, „Blood Bound“ oder „Hammer Of Justice“ wurden von den Fans bis zur Erschöpfung abgefeiert.

Kreator

Tatort: Black Stage! Nach dem Verschwinden der Sonne hinter`m Horizont umgab leuchtend bunter Nebel die Bühne und Kreator kamen hervor. Mit seiner charismatischen Stimme begrüßte Mille Petrozza die Wacken-Anhängerschaft, die es durch lautstarkes Getöse dankte. Natürlich durfte an diesem Abend wieder mit den sagenumwobenen Thrash Meilensteinen gerechnet werden, sei es das hymnenartige „Phobia“ oder Kulthits a la „Pleasure To Kill“ und „Extrem Aggression“. Die vor dem Mikro immer leicht gebeugte Haltung des Frontmanns war bereits aus weiter Ferne schnell zu identifizieren und es macht einfach Spaß, den Großmeistern des Thrash Metals zu lauschen. Die nötige Erfahrung, eine Crowd wie die in Wacken zu begeistern, besitzt die Kombo in jeden Fall, und dass war auch an diesem Abend wieder deutlich spürbar.

Sentenced

Ein grundsätzlich eher trauriger Anlass ließ die Fans des Nachts vor die Black Stage pilgern. Die in unseren Landen letzte Sentenced Show war zudem schon durch etliche Hin- und Herverschiebungen im Zeitplan geprägt und sorgte bei manchen Fans nicht gerade für Begeisterung. Die Show an sich war in Ordnung, aber das bestmögliche wurde leider nicht ausgepackt. Ganz besonders Mr. Laihiala, seines Zeichens Sänger dieser Band, hätte sich wirklich mal zusammenreißen können und irgendwie auch müssen! Wieviel Promille ihn nun letztendlich vom nötigen und verdienten Respekt gegenüber den Tausenden, teils ja doch gezeichneten Fans abhielten, bleibt wohl ein Rätsel. Klar war`s gut, und schade ist natürlich auch das Ende, aber gewünscht hätte man sich deutlich mehr und hier und da bleibt sicher eine Spur der Enttäuschung zurück.

Onkel Tom

Wie auch schon in vielen vorausgegangenen Festivaljahren, lag der finale Auftritt bei Stimmungskanone Onkel Tom Angelripper. Schon gegen Ende der Sputniks Show, die hier und da für leicht zweifelnde Gesichter sorgte, da in den allgemeinen Metalkreisen eher unbekannt, betrat der Onkel die Bühne und steuerte seine raue Stimme hinzu, bevor es dann in das altbewährte Set überging. Mit tatkräftiger Unterstützung der Firefighters, gingen die traditionellen Trinklieder über die Bühne. Im Gegenzug zum Tom`schen Gastauftritt bei Holy Moses, gab sich auch deren Frontfrau Sabina die Ehre und frischte den letzten Auftritt des 16ten Wacken Open Airs zur Aufmunterung des Publikums auf. Ein wie gewohnt heiterer Abschluss.

FAZIT

Und da war es auch schon wieder vorbei! Das größte Heavy Metal Festival der Welt brachte erneut tausende Besucher und etliche Dorfbewohner in Feierlaune. Das schlammige Wetter konnte der guten Laune keinen Wind aus den Segeln nehmen und es wurde eine riesige Party aus Haare schütteln und Flüssigkeitsaufnahme auf dem Festivalgelände sowie in den Zeltstädten inszeniert. Auch nach 15 Jahren geht den Wacken Veranstaltern nicht die Puste aus, stetiger Bandzuwachs und auch Verbesserungen in Ablauf und Organisation sind zu verzeichnen. Die nächsten Jahre können also gespannt erwartete werden.

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