Wacken Open Air 2006

Das Wacken Open Air Nr. 17 ließ auch vorab wieder deutliche Highlights aufleuchten. Mit der sensationellen, obwohl nur auf einige Konzerte begrenzte Wiedervereinigung der 80er Thrash/Hardcore Band Carnivore, die damals von niemand geringerem gegründet wurde, als von Peter Steele himself, dem Frontmann der Ausnahme Band Type O Negative, war wohl insgeheim der absolute Höhepunkt. Anders als bei Bands wie Children Of Bodom, Six Feet Under, Arch Enemy, In Extremo, Amon Amarth oder Finntroll, die nicht zum ersten mal im Line-Up aufzufinden waren, war es für Carnivore und Peter Steele die Premiere, die Bühne des Wacken Open Airs zu betreten. Bei grandioser Wetterlage standen also wieder die Tore offen, die Meute strömte und es sollte ordentlich gerockt werden, im kleinen Dorf Wacken.

FREITAG

End Of Green

Ein Auftritt aus eigenen Landen boten uns die Schwaben von End Of Green am Freitagmorgen. Die gute Stimmung wurde gleich von Fans und Band mitgebracht, um dann bei Songs wie unter anderem „Dead And Hero“ und „Motor“ zu einem gesunden Maß an Partyfeeling heranzuwachsen. Mit bereits fünf Alben in der Schublade hatten es die Jungs nicht schwer, passendes Setlist Material zusammen zu stellen. Dieser Auftakt – äußerst gelungen.

Wintersun

Noch eine dieser Finnland Bands, die es auf Anhieb in die Herzen der Metalfans geschafft hat, sind wohl Wintersun. Die Combo um Ex-Ensiferum Sänger Järi Mäenpää zog des Mittags etliche Zuhörer/Zuschauer vor die Bühne und begeisterte mit Songs wie „Sleeping Stars“, „Battle Against Time“ oder „Beyond The Dark Sun“. Typisch finnische Melancholy kam allerdings nicht so recht auf, da es bei gefühlten 45 Grad und Sonnenschein eher einem Saunagang ähnelte. Der Weg zwischen schnell schmetterndem Black Metal und traditionellen Folk-Elementen wurde hier erfolgreich beschritten und kam reichlich erfrischend daher. Super Sache diese Finnen!

Ektomorf

Obwohl die Ungarn von Ektomorf zeitgleich gegen Six Feet Under antreten mussten, war der Platz vor der Party Stage um einiges gefüllter als erwartet. Wie bei manch einem Headliner wünschenswert, gaben die Fans so richtig Gas und stampften die Wiese bis zum Nullpunkt. Neben noch unveröffentlichten Songs wie „Outcast“ kamen auch alte Kamellen wie „I Know Them“ oder „Show Me Your Fist“ gut an und ließen kaum Zeit zum Durchatmen. In erster Linie immer noch zu Kollegen wie Soulfly und Sepultura einsortiert zu werden, bleibt wohl auch noch länger bestehen, obwohl sich hier und da bereits erste, deutliche Unterschiede in der Art und Weise von Aggression und Songstruktur feststellen lassen. Der zukünftige Weg der Ungarn um Sänger und Gitarrist Zoltan wird weiterhin aufmerksam verfolgt werden.

Six Feet Under

Den ersten richtig harten Schlag ins Gesicht galt es sich bei den Death Metal Titanen rund um Chris Barnes abzuholen. Six Feet Under bombardierten die Meute gieriger Metalheads mit ihrem Wahnsinns-Sound und einem Lautstärkepegel, der das halbe Bundesland in Aufruhr versetzt haben dürfte. Dass der hier fungierende Frontmann seine stimmlichen Qualitäten nicht für überflüssiges Ansagengequatsche hergibt, sondern diese nur explizit in Songs investiert, ist ja bereits bekannt. Genau nach diesem Schema wurde auch dieses Mal gearbeitet. Setlist gut bestückt („The Day The Dead Walked“, „War Machine“, “TNT” etc.) knallte hier eine monströse Show über`s Gelände.

Nevermore

Die Seattle Gang um Sänger Warrel Dane leistet seit Jahren beeindruckende Arbeit. Stets den Standpunkt vertretend, klischeefrei, konsequent und kreativ ins Rampenlicht zu treten, an der Metal-Leine regelmäßige Hammer-Alben, das scheint ihr Geheimrezept. Von den Sterneköchen wurde trotz anfangs ungewisser Wetterlage, ein passendes WOA-Menü serviert. Hungrige Mäuler vor der True Metal Stage, die Fäuste gen Himmel. Nevermore zeigten ihre Schokoladenseite und wurden von den anwesenden Fans dankend empfangen.

Soilwork

Einen ebenfalls sicheren Weg zwischen Aggression, Härte, Gefühl und Harmonie haben sich die Jungs von Soilwork seit Jahren gebahnt. Der typisch raue Sound kam an diesem Wacken-Freitag wieder ohne Zweifel zum Tragen und auch die Tracks des aktuellen Albums „Stabbing The Drama“ drängelten sich ganz ungeniert nach vorn. Alles schien perfekt abgestimmt und authentisch. Weniger ist manchmal mehr und somit keine überflüssigen Worte – die Schweden haben´s einfach drauf.

In Extremo

Lederschürze, Dudelsack und Trommel. Die einst so vordergründigen Erkennungsmerkmale der Mittelalter Fraktion haben sich in den letzten Jahren ziemlich gewandelt. Natürlich immer noch eine Folk-Rock-Metal Band, sind in der Neuzeit weitmehr Gitarrensounds mit Strom versetzt worden. Die Horde vor der True Metal Stage wächst und wächst, pilgert von allen Seiten zu ihren Burgherren. Die zumindest bis hier her größte Fanansammlung ist zu verzeichnen. Zwischen alt und jung, groß und klein, ein großartiges Set aus Mitreiß-Songs wie „Erdbeermund“, „Mein Rasend Herz“ oder „Vollmond“, umrahmt von Pyroshow – einfach genial.

Carnivore

Die Fleischfresser aus New York City um Sänger Peter Steele wurden schon von etlichen neugierigen Metalfans erwartet, als sie nach Beginn des Sets bereits nach einem Akkord die Bühne verließen. Ein, nach typischer Pete Steele-Manier inszenierter Scherz war ja fast zu erwarten gewesen. Seitens der Band also ein wahrer Triumphzug, die restliche Setlist als von den Fans energisch geforderte Zugabe spielen zu können. Dass sensationell frisch wiedervereinte Quartett fuhr allerdings in einer völlig neuen Besetzung über die Bühne. Mit JoeyZ. von Life Of Agony und Paul Bento an den Gitarren, Steve Tobin an den Drums und dem Peter an der Bassgitarre jagte die Setlist nur so über die Zeit. Nach dem anfänglichen Miniatur-Intro, verliefen die folgenden Tracks ohne weitere Schwierigkeiten. „Carnivore“, „Race War“, „Jack Daniels And Pizza“, danach „Angry Neurotic Catholics“, “Male Supremacy” und “Inner Conflict”. Lange 17 Jahre haben wir warten müssen, um diese visuelle wie auch akustische Hardcore-/Thrash-Metal Interpretation aus der Vergangenheit erleben zu können. Reichlich erfrischend und einfach mal schön zu sehen, dass der große Macher des ultimativen Düstersounds nicht nur die Weichen von Type O Negative zu legen weiß. Klischee muss aber in jedem Fall mit in die Wundertüte, und das wurde gegen Ende der Show in Form von `mit Wasserpistolen bewaffneten Oben-Ohne-Girls` ganz eindeutig sichtbar. Roter Saft und `blut`verschmierte Schlachterschürzen prägten das finale „Sex And Violence“ genauso wie die deutlich begeisterte Crowd. Mal was anderes, super klasse und das nächste Mal bitte eine kürzere Pause.

Children Of Bodom

Allein der Bühnenaufbau war schon ziemlich beeindruckend mitanzusehen, blieb er trotz wirklich grandioser Carnivore Show samt Altmeister Peter Steele immer wieder im Blickwinkel. Die auch schon für die vorangegangene, ausgedehnte Bodom Tour verwendeten Requisiten wie Ölfässer, Autowracks und Scheinwerfer wurden hier noch auf das Doppelte und Dreifache aufgestockt. Größere Bühne heißt mehr Platz, heißt mehr Autos, heißt mehr Spaß?! In diesem Sinne umrahmte eine Wahnsinnskulisse den bereits von Tausenden erwarteten Auftritt der Finnen. Die Hartgesottenen werden sich vielleicht noch an die Show von 2004 erinnern, die immerhin einen Rekord an Stagedivern aufgestellt hatte. Eine erstklassige Neuauflage dieses fast schon legendären Auftritts konnte hier also erwartet werden. Mit dem aktuellen Album „Are You Dead Yet?“ im Gepäck, welches die Fünf schon querbeet durch sämtliche Kontinente getragen hatten, feuerten sie eine tempogeladene, professionelle Performance von der True Metal Stage. Das rein optische Bild dieses Abends ließ den Eindruck aufkommen, auf der Bühne sei das wahre Höllenfeuer ausgebrochen – Lightshow und reichlich Qualm und Rauch gaben dafür allen Anschein. Musikalisch ging es wieder durch alle Epochen und Songs wie „Sixpounder“, „Downfall“, „In Your Face“, „Needled 24/7“, „Are You Dead Yet“ etc. etc. brachten das Publikum zum Brodeln. Ein an diesem Abend besonders redefreudig aufgelegter Alexi Laiho führte durch die Stunde und überhaupt hatten sich die Finnen mit einer kurzen Verschnaufpause nach der langen Tour sichtlich gut erholt und schwächelten keineswegs. In jedem Fall einer DER Auftritte des WOA`s 2007!

Celtic Frost

Die düstere, schleppende Stunde des Abends wissen die Schweizer von Celtic Frost zu füllen, wie kaum eine andere Band. Inmitten schwarzer Nachtwolken dröhnt es über die Wiesen von Heavy-Metal-Town. Erbarmungslos und stillschweigend werden Hymnen wie „Into The Crypts Of Rays“, „Dethroned Emperor“, „Circle Of The Tyrants” und neues Material wie z. B. „Synagogae Satanas“ aufgesogen. Auf der Bühne ist ansagentechnisch nicht so viel los, dafür geben Lightshow und Charisma ihr übriges! Ein absoluter Höhepunkt 2007!

Ministry

Huch! Nr. 1: Habe ich richtig gelesen? Ministry in Wacken?? Huch! Nr. 2 gab`s dann gleich zu Beginn der Show, denn diese Lautstärke war ziemlich schmerzhaft und ebenso bedenklich. Ein wenig Abstand zur Bühne ergab dann auch gleich ein viel besseres, ausdrucksstärkeres Gesamtbild. Die Bühne in intensives Rotlicht getaucht, schmetterte eine Performance voller Industrial/Metal/Elektro-Sequenzen, die hier wohl Geschichte geschrieben hat, vom Podium. Mit dem aktuellen Album „Rio Grande Blood“ und etlichen Klassikern am Start, wüteten die als anspruchsvoll, exzentrisch, politisch kritisch, extravagant und außer der Reihe/frei von allen Regeln-Band durch die Gemeinde Wacken. Der Hammer, einfach Kult – und trotzdem zu laut!

Amon Amarth

Viking-Death as it`s best schloss den großartigen Freitagabend ehrwürdig ab. Keine geringere Band als die knallharten Schwedenjungs von Amon Amarth luden zum Singalong und Schwertertanz. Ein leichtes Schmunzeln kann ich mir einfach nicht verkneifen, tritt DER Wikinger, namens Johan Hegg vor die feiernde Menge. Schier unglaublich, wie authentisch, kaltblütig und niedlich zugleich der Frontmann seinen Posten perfekt besetzt. Die Skandinavier donnern ihre Hits über die Felder und lassen die Haare (wie immer synchron!) kreisen. „The Fate Of Norns“, „An Ancient Sign Of Coming Storm“ oder die ultimative Hymne “Death In Fire”, während der die fünf Mannen von Feuersäulen umgeben die Crowd begeistern, alle Hits sind vertreten und machen richtig Laune. Zur Halbzeit für die Musiker eine kurze Verschnaufpause, zwei Gruppen Wikinger-Krieger mit Schild und Schwert „kämpfen“ die Show zu einer runden, exzellenten Sache und werden vom Publikum lautstark unterstützt. Die Wikinger-Death-Metal-Liveshow hat es immer wieder in sich. Genial, danke, und gut` Nacht!

SAMSTAG

Der durchweg unbeständige Wetterzustand vom Freitag setzte sich wie erwartet auch am Samstagmorgen fort. Leichter Nieselregen reichte sich an diesem Tag des Öfteren mit etappenweise extremen Hitzewellen die Hand. Nach dem unglaublich gehaltvollen Line-Up des Vortages, standen an diesem letzten Festivaltag noch Highlights in Form von Emperor, Motörhead, Fear Factory oder Finntroll auf dem Plan.

Arch Enemy

Nach einer durchtanzten Nacht die müden Knochen wieder in Schwung zu bringen, schreit nach einer Soundbeschallung durch Arch Enemy. Eine rasende, wütende Frau namens Angela Gossow schreit es einfach raus. Der Opener „Nemesis“ lässt die Erde beben und schüttelt den letzten Rest Müdigkeit aus den Köpfen. Von der Mittagssonne gewärmt und geblendet feiern die Metalheads den Melodic Death Metal Act.

Fear Factory

In Zeiten von Emo Bands und unendlichen Nu Metal Sprösslingen gehen die Jungs von Fear Factory gut und gerne als alte Hasen über`s Parkett. Dicht gedrängt und schweißgebadet gröhlte sich die Crowd warm und kam während der Show in absolute Partystimmung. Die bekannte Mischung aus Industrial, Death und Thrash war zu dieser Stunde genau die richtige Würze um das Publikum bei Laune und Bewusstsein zu halten. Harte Riffs und derbe Sounds, gepaart mit Melodie und Eingängigkeit der feinsten Sorte taten ihr übriges. Also merken wir uns: Sind sie zu stark, bist du zu schwach!

Morbid Angel

Den wohl vollkommensten Lederdress inklusive rotem Gummi-Pentagramm bot uns der Morbid Angel Fronter David Vincent alias Mr. „Leathershorts“! Zu dieser Stunde nicht nur vom Sonnenschein geblendet, freuten sich die erbarmungslos schwitzenden Fans auf eine üppige Portion reichhaltigen Death Metals. Mit dem früheren Sänger und Bassisten wiedervereint, galt es die Black Stage zu flambieren. „Immortal Rites“, „Where The Slime Lives“, „Pain Divine“, „Maze Of Torment” oder “God Of Emptiness” wurden mit grimmigem Blick und mächtig Hitze regelrecht zelebriert. Wunderhübsch!

Soulfly

Der gute alte Max Cavalera gilt seit Sepultura-Zeiten als einer DER prägenden Köpfe im `harten` Musikgeschäft. Viel Zeit, viele Alben und viele Hymnen, die mit Sicherheit eine ganze Generation beeinflusst und begleitet haben später, steht er mit Soulfly auf den Bühnen dieser Welt und begeistert nach wie vor die Massen. Hier in Wacken ergoss sich der Regen aus Hits wie „Prophecy“, „Fire“, „Seek `n` Strike“ und natürlich dem Sepultura Kracher „Roots Bloody Roots“ über die Häupter der Besucher. Diese kräftige Dusche tat wirklich gut, es wurde ge`tanzt` und gepogt, das macht Appetit auf mehr!

Emperor

Feierliche, blaublütig angehauchte Atmosphäre brachte die Anwesenheit der kaiserlichen Formation Emperor mit sich. Eine weitere Wiedervereinigung die es in sich hatte krönte ein jedes Black Metal Herz. Bis weit über`s Gelände erstrecken sich die gespannten Augen und überall ragten die Hände gen Himmel. Ein wahrlich eindrucksvoller Moment begleitete dieses vor Komplexität nur so strotzende Set. Dass Emperor mit keiner weiteren Band dieser Sparte zu vergleichen sind, steht ja bekanntlich außer Frage. Mit Ihren legendären Werken „In The Nightside Eclipse“, „Anthems To The Welkin` At Dust” oder aber “IX Equilibrium” stehen sie nach wie vor ganz weit oben. Für die zahlreichen Fans ein absoluter Höhepunkt, der in Nummern wie „Inno A Satana“ wohl seine absolute Vollendung fand!

Motörhead

Unser Lemmy wie wir ihn kennen und lieben gehört beinahe schon zu jeder erdenklichern Festival-Variante dazu und gibt dem oft bedenklich aufgedrehten Publikum eine Gelegenheit zum Durchatmen und Zurücklehnen. Der gewohnt lässige Gang durch Rock `n` Roll passt immer wieder gut und die Ansammlung hungriger Metalfreaks vor der True Metal Stage sprechen da für sich. Ohne große Worte wird die heilige Wiese gerockt und die Menge zum Kopfnicken angestiftet. Die Setlist an diesem Abend verblüffend abwechslungsreich, so kommt den Fans unter anderem „Metropolis“ oder „Born To Lose“ zu Ohren.

Finntroll

Die Band, die ihrem Namen alle Ehre macht und grundsätzlich im folkloristischen Outfit durch die Medien streift, wurde mit ganz besonderer Neugier begutachtet. Mit dem neu besetzten Sänger Posten waren die Erwartungen des Publikums bereits vorab ziemlich groß und nicht jeder Fan schien diese Umstellung zu gefallen. Nichtsdestotrotz wurde in den Reihen ordentlich gefeiert und gemosht, Crowdsurfer zogen über die Köpfe und die Security kam dabei regelrecht ins Schwitzen. Schwerstarbeit auf beiden Seiten und mittendrin eine gut bestückte Setlist inklusive „Trollhammaren“, „Hemkomst“ oder „Jaktens Tid“. Ein heiterer Abschluss für 2006 und damit `Auf Wiedersehen und gute Heimreise!`

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