Wacken Open Air 2004

DONNERSTAG

Motörhead

Fast schon die Festivalband schlechthin läutete den ersten Festivaltag ehrwürdig ein. Nach typischer Lemmy Manier wurde ordentlicher, bodenständiger Rock geboten. Schade nur, dass sich die Briten der intensiven Sonneneinstrahlung ergeben mussten – bei Dunkelheit wär`s auf jeden Fall noch grooviger und intensiver rübergekommen. Aber nichtsdestotrotz versammelte sich, wie erwartet, eine Motörhead würdige Fanbase vor der Bühne!

Böhse Onkelz

Die Dunkelheit dieses heißen Donnerstages war nun reserviert für die Show der Onkelz, die schon lange im Vorfeld für Unruhe, Spekulationen aber auch heftigen Diskussionsstoff gesorgt hatte. Nun war es aber soweit, die Onkelz lieferten eine fast dreistündige Show vor einer fast unglaublich riesigen Besuchermenge ab. Die extra angereisten Fans, die selbst die Camp-/Parkareas zum zerbersten brachten, konnten sich wohl absolut zufriedengestellt auf den Heimweg machen.

FREITAG

Puuh… Sprachen wir bereits am Donnerstag von Hitze, so sollten wir selbst in den frühen Morgenstunden des Freitages eines besseren belehrt werden. Schwitzende Metalheads kennen aber kein Aufhalten, und weiter ging`s!

Mnemic

Eigentlich kann man fast schon Mitleid haben mit den zeitlich erstplatzierten Bands, die Stunde rocken zu müssen, die meist noch durch allgemeine Schläfrigkeit und Verkaterung geprägt ist. Die fünf Dänen von Mnemic ließen sich jedoch nicht abhalten, eine Aufwachportion an gutem Metal von der Party Stage zu feuern. Trotz der kurzen 30 Minuten ging es richtig ab, einzig die frontale Sonneneinstrahlung dürfte der Band, zumindest im Nachhinein einen Sonnenbrand beschert haben. Vielleicht könnte man fürs nächste mal drehbare Bühnen entwickeln??

Raunchy

Die nächsten Dänen im Bunde waren dann Raunchy, die ähnlich Gas gaben wie ihre Mitstreiter Mnemic. Super Auftritt, die Metalgemeinde hatte sichtlich Spaß – was gibt es schöneres?!

Arch Enemy

Scharf und brutal zugleich wüteten die Schweden die Black Stage. Auch hier wieder kein Grund zu mäkeln, reichlich Fans und Superwetter unterstrichen die Growlattacken von Sängerin Angela nahezu perfekt. Spätestens jetzt war man wach!

Mayhem

Schon verrückt wie hartnäckig trotz übelster Hitze den Bands die erbarmungslose Treue demonstriert werden kann. Wie zu erwarten war, wurden auch Mayhem reichlich begutachtet. Die Darbietung von – nunja – nicht immer klaren Sounds und einer an Schweinsköpfen-Rumschnippel-Aktion ging für meine Begriffe allerdings mächtig in den Keller! Irgendwann ist das Ewig-Böse-Klischee auch einfach vorbei! Sorry, aber das geht auch anders!

Kotipelto

Also die WOA Geschichte unseres Herrn Kotipelto kann ja bald keine größeren Gegensätze mehr hervorbringen. Im Jahr 2000 eine verbrannte Hand während der Show mit Stratovarius, 2002 aufgrund herannahenden Inferno-Unwetters Abbruch der Kotipelto Show und 2004…?

Ein Superfreitag, Sommer, Sonne, Sonnenschein! Dieses mal sollte alles glatt gehen, das Wetter wunderschön, die Crowd diszipliniert und voller Erwartungen. Eben diese wurden wohl zur vollsten Zufriedenheit abgearbeitet. Die neuen Songs vom Album „Coldness“ klangen super, die Freude war groß. Nur eine kleine Verbrennungsgefahr war aufgrund des fast schon glühenden Gesichts Timo Kotipeltos wieder vorherzusehen. Gerade deshalb ließen sich auch ganz wenige klitzekleine Schiefgesänge leicht verzeihen – ist ja nur menschlich! Auch Janne, seines Zeichens in erster Linie Keyboarder bzw. Tastenkünstler bei Children Of Bodom machte seine Sache gut, und was wären diese besagten Bands bloß ohne Keyboardsound? Danke Timo, hoffentlich auch bald wieder gemeinsame Klänge mit Stratovarius!

Mambo Kurt

Ganz andere Töne schallerten gegen 20 Uhr aus Richtung Jim Beam Stage zum Zuhörer. Heimorgelakrobatik der feinsten Sorte sorgte unter den Anwesenden für ordentlich Feierstimmung und Mitsingen. Von Hits wie Rammsteins „Engel“, Celine Dions „My Heart Will Go On“ oder Faithless`“Insomnia“! Wahnsinn – und einfach nur lustig!

Destruction

Sonnenuntergang schon lange vorbei, wehte endlich ein kühleres Lüftchen über die Felder. Wartende und gespannte Massen vor der Black Stage. Schmier und Konsorten heizten den Fans mit zielstrebigem Thrash Metal ein und schmetterten einen Knaller nach dem anderen. Die Zeit für ein wenig „Thrash Till Death“ war gekommen und so schwebten reizende Liedchen wie „ Nailed To The Cross“ oder „The Ravenous Beast“ aus den Boxen. Zwischendurch immer die Schmier`schen Unterhaltungsansagen a la „schön dass ihr alle hier seid…“ Gegen Ende dann noch ein Gästegekröntes Finale mit Peter Tägtgren ( Hypocrisy), Sabina Classen ( Holy Moses) und Abbath ( Ex-Immortal)! Super Sache!

DORO

Für ziemlich viele WOA Besucher dürfte diese Show das absolute Highlight gewesen sein: Doro, gemeinsam mit einem kompletten Symphonie-Orchester! Reizvolle Dekoration und die perfekte Stimmung brachten Songs wie „I Rule The Ruins“ oder „Touch Of Evil“ zu einem wahren Hörgenuss. Gelegentliche Gesangseinlagen von und mit Blaze Baley (Ex-Sänger von Iron Maiden) gaben bereits zu Beginn bei „Fear Of The Dark“ den perfekten Startschuss für eine Supershow. Natürlich gingen auch andere Maiden-Covers wie „The Trooper“ nicht ohne seine tatkräftige Unterstützung über die Bühne. Um diesem Ereignis noch einen draufzusetzen, brachte die darauffolgende, mit Spannung erwartete Warlock-Reunion-Show doch wirklich eine Gänsehautwelle zu den Massen. In Originalbesetzung von 1986 fegten gute alte Hits wie „Out Of Control“ oder „Fight For Rock“ von der True Metal Stage.

Amon Amarth

Ein Highlight war aber auch die schwedische Death Metal Kombo Amon Amarth, die zu später Stunde die Ehre hatte, den zweiten Festivaltag zu beenden. Knallhart und energiegeladen dröhnten die Schweden über Volk und Feld – und ließen alles raus! Titel wie „Death In Fire“ oder „Bleed For The Ancient Gods“ passten da nur allzu gut ins finale Bild der Nacht. Superklasse, aber leider zu kurz, zu kurz, zu kurz…

SAMSTAG

Inzwischen an Hitze und Schmerzen gewöhnt, torkelte der wahre Metaller an diesem besinnlichen Samstagmorgen als allererstes zur Wacken-Verkörperung schlechthin. Onkel Tom sein Name – fröhliche, traditionelle Melodien grummelnd begleitet von der zur absoluten Kultband mutierten Wackener Feuerwehrkapelle. Totaler Irrsinn am frühen Morgen sorgte zur Erleichterung aller Anwesenden gleich für`s erste Lächeln dieses Tages!

Death Angel

Haare schütteln zu Death Angel ist immer eine gute Sache – mit dem richtigen Festivalfeeling aber ein echter Hammer! Obwohl sie allein von Platte schon dermaßen rocken, setzte dieser Gig noch mächtig einen drauf. Von „Thicker Than Blood“, „The Art Of Dying“ bis hin zu „Famine“ ging es ordentlich ab.

Cannibal Corpse

Für Anhänger von derben Death Metal Klängen wurde auf dem diesjährigen WOA eine Menge aufgefahren. Auch die Knüppelband #1 namens Cannibal Corpse lockte eine extrem widerstandsfähige Ansammlung Metaller vor die Black Stage. Die auf der Setlist befindlichen Songs wie u. a. „Blood Thirsty“, „Broken Into Dust“ und „Devoured By Vermin“ erzeugten im Publikum den Drang zu moshen, bangen und diven!

Nicht ganz neu war die Tatsache, dass auf Titel der ersten Alben verzichtet werden musste, da diese in Deutschland der Zensur unterliegen.

Nevermore

Auch den Amerikanern von Nevermore, insbesondere Sänger Warrel Dane, erging es in punkto Sommerhitze nicht allzu gut. Dort oben auf der Bühne ab und an ein leichtes Torkeln und Stolpern, ganz bestimmt nur auf die Termometeranzeige zurückzuführen, ließ aber keineswegs die Qualität von Gesang, Musik und Sound in den Schatten treten. Sogar die wagemutige Aktion, einen hier eigentlich verbotenen Cannibal Corpse Song namens „Hammer Smashed Face“ zu präsentieren, ließ die Gemeinde Wacken schwitzend feiern.

Hypocrisy

Kurz einmal durchgeatmet, schnell ein kühlendes Getränk genossen und schon stand der nächste Pflichttermin feinsten Heavy Metals auf dem Plan. Hypocrisy, immer und überall besonders sehenswert und mitunter eine der besten Bands aller Zeiten – meiner Ansicht nach! Jedes mal wieder unglaublich intensiv und melodisch zugleich. Alles noch durch das sagenhafte Organ des kleinen Schweden Peter T. vervollständigt einfach gigantisch! Leider diesmal wieder viel zu früh im Zeitplan, denn gerade Hypocrisy verdienen und brauchen eine Spielposition in der Dunkelheit, leben doch dann die Lichteffekte und Sound erst richtig auf. Aber trotzdem keine Abstriche für gar nix – Songauswahl super wie immer. Ob vom aktuellen Album „The Arrival“ das durchdringende „Eraser“ oder aber ältere Songs a la „Fire In The Sky“, „Deathrow/No Regrets“ und natürlich „Roswell 47“, von allem war etwas dabei. Die Fans hielten auch hier wieder tapfer durch und schade wär`s gewesen, hätten sie diesen Gig verpasst!

Helloween

Als Enttäuschung des Tages entpuppten sich zu meiner Überraschung Helloween, die eher durch banales, sinnloses Dauergequatsche und eine eher langweilige Songauswahl auffielen, als durch Feierstimmung verbreitende Hits, wie wir es ja eigentlich gewöhnt sind. Da kam einfach so gar keine Laune auf – sorry!

Children Of Bodom

Und ja, Helloween mussten ja auch noch unbedingt die vorgegeben Spielzeit überziehen und somit die bereits angespannt wartende Bodom Fanbase zum Schwitzen bringen. Natürlich war das letzten Endes überhaupt nicht schlimm, starteten die jungen Finnen doch pünktlicher als erwartet. „Hate Me!“ als Opener, eine mindestens 5000 Seelen zählende Crowd und der warme, lauschige Sommerabend boten einen perfekten Rahmen für eine perfekte Show! Wahnsinniges, rekordverdächtiges Stagediven aus allen Richtungen war wohl auch in Wacken ein neues Bild. Ich selbst fast im Mittelpunkt des ultimativen Moshpits, welches sich irgendwie überall befand, wurde mit so einigen Blessuren gesegnet, bereue aber absolut nichts! Stimmung nicht nur vor der Bühne, auch die fünf Verursacher, oben auf Alexi Laiho, hatten sichtlich Spaß und ließen ab und an einen kreisenden Blick der Sorge und des Erstaunens von der Black Stage walten. Der noch recht frische Neuzugang Roope Latvala schien sich ebenfalls gut eingelebt und bot einen erstklassigen Hörgenuss an der Gitarre, wobei sich nach wie vor Herr Laiho an den für ihn so typischen und gleichzeitig brillanten Gitarrensoli verausgabte. Die Setlist vollgepackt mit legendären Hits wie „Silent Night, Bodom Night“, „Bodom After Midnight“, „Sixpounder“, „Angels Don`t Kill“ oder „Everytime I Die“ brachten auch diverse Auflockerungen und Neckereien zwischen den Bandmitgliedern, allen voran Alexi vs. Janne eine gesunde Prise an Persönlichkeit und Spaß in die Show. Schlicht und ergreifend – Superklasse, obwohl leider zu kurz! Aber in jedem Fall gerne jederzeit wieder!

Saxon

Fast schon nicht mehr weg zu denken, feierte die Wackengemeinde die britische Power Band, die nun schon seit knappen dreißig Jahren die Welt bereist. Klassiker wie „The Eagle Has Landed“ oder „Dogs Of War“ durften da natürlich nicht fehlen. Die im Vorfeld angekündigten `Special Guest & Friends` wie beispielsweise Jörg Michael, der bei „Crusader“ die Drums beherrschte und/oder Schmier, der aber leider seinen Bass vermisste, der wohl auf mysteriöse Weise verschwunden war, lockerten die Show auf.

Satyricon

Endlich war es soweit. Insgeheim hatten doch alle Anwesenden auf den finalen Samstagabend hingefiebert um bei den schwarzen Klängen von Satyricon in die Nacht zu gleiten. Beinahe jeder Festivalbesucher schien sich wie gebannt und betäubt vor der Black Stage zu versammeln. Anders als es bei Bands wie Mayhem, die es anscheinend einfach nicht besser wissen, wurde man bei Satyricon mit einer durchweg eindrucksvollen Show verwöhnt. Weniger ist oft viel viel mehr, und genau das wurde uns hier präsentiert! Eineinhalb Stunden feinster Ton- und Klangtiefen und Songs wie „Walk The Path Of Sorrow“, „Filthgrinder“ oder „Forhekset“ saßen perfekt und standen der Umgebung und der späten Stunde äußerst gut. Gekrönt von dem Gastauftritt Nocturno Cultos (Darkthrone) ging dieses Wacken Open Air für die wahren Metaller ehrwürdiger zu Ende denn je!

Fazit

Alles in Allem war dieses 15te Wacken Open Air ein voller Erfolg. In fast allen Bereichen konnten Verbesserungen festgestellt werden, ein ruhiger, gewaltfreier Ablauf und super Organisation in punkto Zeitplan sprechen da für sich. Einzig der Erhalt des Ticketpreises von 75,- Euro wäre noch wünschenswert. Trotzdem wird wohl garantiert jedes weitere WOA wieder zufriedenstellende Besucherzahlen hervorbringen, ist die Anwesenheit im schönen Schleswig Holstein ja nahezu Pflichtprogramm jeden Sommers!

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