Marilyn Manson Tour 2007

Hurricane Festival – Scheeßel – 23.06.07

Im Schlamm stehend, die vorbeiziehenden, teils ungnädigen Gewitterwolken im Blickwinkel beäugte man um kurz nach 23 Uhr nun den selbsternannten „God Of Fuck“, Mr. Reverend Manson auf der „Greenstage“ des Hurricane Festivals. Nach dem Fall des „Schwarzen Vorhangs“ bot die in buntes Licht gehüllte Bühne Raum für die Predigten des Meisters. Mit dem Opener „If I Was Your Vampire“, der auch das aktuelle Album „Eat Me, Drink Me“ eröffnet, startete die Show für Manson Verhältnisse ungewöhnlich ruhig, bevor sich mit dem Anschluss-Song ein altbewährter Sound und Rhythmus in Form von „Disposable Teens“ in die Reihen schlich.

Das durch etliche Wellenbrecher gut aufgeteilte Publikum konnte sich an diesem Samstag einer hundertprozentigen Phase der Trockenheit anschließen, jedoch war die Darbietung „On Stage“ eher dürftig. Zu spät angefangen und zu früh fertig, gesanglich an manchen Stellen erheblich lustlos und instrumententechnisch musikalisch ganz klar rückläufig war dieser Auftritt kein Glanzpunkt. In der Liste der bisher gesehenen Shows dieser Band leider der vorläufige Tiefpunkt, was nicht zuletzt an den ständigen Line-Up Änderungen und Musiker-Rausschmissen liegen dürfte. Neben Manson selbst darf einzig der Schlagzeuger noch seinen Platz besetzen, was eine wirklich traurige Entwicklung ist. Der neue Manson-Live-Sound besteht zumeist nur aus einem dumpfen Dröhnen, welches keine besonderen Instrumenten Parts mehr zum Hörer durchdringen lässt. Obendrein dann noch die scheinbar abgöttische Liebe und Zuneigung zu Gitarrist (und/oder Bassist, musikalischer Kopf, Tonangeber, Dirigent der Band – was auch immer!) Tim Skold lässt den „Noch“-Frontmann seine Anwesenheit erschwert auf den rechten Bühnenrand treiben, um – zu kuscheln!

Setlist-technisch zu wenig altes Material, „Tainted Love“ Live ganz und gar überflüssig und von den sechs Songs des neuen Albums waren einzig „Putting Holes In Happiness“ und „Just A Car Crash Away“ Highlights. Beim vorletzten Streich namens „Beautiful People“ ein Ende in Flitter- und extrem weißem Nebelbombardement, bot einen imposanten Anblick und ließ annehmen, die Show wäre vorbei. Jedoch kam der einstige „Antichrist“, „Mr. Alien GlamRock“, „Grotesque-Burlesque Chief Commander“ (um nicht den Begriff „Schockrocker“ erwähnen zu müssen – grausam!!) nach ein paar kurzen Minuten Umbau- / Aufräumphase mit dem letzten Song des Abends und einem überdimensionalen Stuhl als Dekomittelpunkt zurück. Diesen wohl in Anlehnung an Theater, Schriftstellerei und die Unterdrückung seiner Selbst inszenierten Stuhl erklommen, ging „Are You The Rabbit?“ übers Feld und der Auftritt hatte einen optisch einprägsamen und einzigartigen Abschluss.

Für einen Festivalauftritt und wohl die meisten Zuschauer eine gute, gelungene Show, für Manson-Kenner und Anhänger der ersten Stunde eine ziemlich enttäuschende Geschichte.

Der Trommelwirbel ist in Position und alle Augen und Ohren sind nun auf die Hauptstadt gerichtet!

Zitarock – Berlin – 24.06.07

Weitaus schöneres Wetter und eine umwerfende Kulisse aus vergangenen Jahrhunderten bot an diesem Sonntag unsere Hauptstadt Berlin. Zum „Zitarock“ wurde in den Innenhof der historischen Festungsanlage, umgeben von reichlich Gräben und Wasser geladen. Krieger, Knorkator und Oomph! waren auf der Vorbandliste zu finden, mussten sich aber allesamt recht kurz halten, da offizieller Beginn um 18 Uhr und Manson-Appearance für bereits frühe 21:30 vorgesehen war.

Knorkator

Krieger leider knapp verpasst, stellten Knorkator ihre wie gewohnt von Ironie und Absurditäten gesprenkelte Show zum Besten, schredderten Gemüsevariationen gen Publikum und spielten September 9/11. Blanke Haut, Pyro-Akrobatik und rosa Herrenslips inklusive. Guter Sound, viel Gitarre und Songs wie „Böse“, „Ich hasse Musik“ oder „Weg Nach Unten“ gingen an diesem Frühabend gut über die Bühne, obwohl die Band für meinen Geschmack die Grenzen von Gut & Böse bzw. Komik so manches Mal doch überschreitet.

Oomph!

Die Braunschweiger Gesellen von Oomph! boten hingegen ein weitaus angezogeneres Bild. In Zwangsjacke und schwarze Kleidchen gehüllt, startete die Band mit dem Song „Träumst Du“, der ja bekanntlichen Erfolg beim Raab`schen Bundesvision Songcontest einheimste und sowieso in das mediale Erfolgreichtum der vergangenen Jahre anzuknöpfen ist. Ein runder, voller Sound und die konzentrierte Stimme von Sänger Dero präsentierte die Band in guter Verfassung und ein in dieser Setlist eher seltener, älterer „Hit“ mit Namen „Gekreuzigt“ ließ vergangene Jugendsünden und Erinnerungen an schwarze Parties und viel schlechte Elektro/Goth Musik hochkommen. Oomph! waren und sind hingegen immer eine gehobenere Qualität in all dem Goth-Bereich und so war auch dieser Pre-Manson Auftritt gut gelungen doch leider Gottes viel zu kurz!

Marilyn Manson

Und schon war es wieder soweit, der schwarze Vorhang, die zwei riesigen, blutigen M`s wurden gehisst, die Bühne mysteriös verhüllt. Wie würde dieser Abend wohl verlaufen? Geht es dem Manson heute besser? Was sagt die Setlist? All solche Fragen standen im Raum und wollten beantwortete werden!

Der Vorhang fällt, die Show beginnt! Ein Neustart Richtung Perfektion begann mit „If I Was Your Vampire“ und schon nach den ersten Sekunden war ganz klar zu erkennen – super Sound, viel besser, klarer, lauter und abgestimmter als noch beim Hurricane. Die Mischung aus Erleichterung und guten Mutes zerbrach jedoch ganz plötzlich, als beim Folgesong „Disposable Teens“ der Gesang nur noch zu sehen und kaum mehr zu hören war. Der leichte Mikrofonausfall von Mr. Manson zog sich ärgerlicherweise und nahezu unentschuldbare vier Songs dahin, bis es sich während „mOBSCENE“ wieder der Besserung näherte. Den einzigen Song vom „Golden Age Of Grotesque“ Album zelebriert, schlich sich dieses komische dumpfe Dröhnen wieder pünktlich zu „Sweet Dreams“ ein, und es ist mir immer noch nicht ganz klar, ob dieser ganze Hin & Wieder Soundbrei nun eine künstlerische Komponente oder einfach schlechte Arbeit repräsentieren sollte!? Whatever!

„Putting Holes In Happiness“ ließ diese Spekulationen erst einmal beiseite und galt an diesem Abend als ein Aufatmer. Outfit-technisch schlüpfte Manson in diverse Jacketts und Hüte, Nadelstreifen und Plastik – ganz dem Thema des jeweiligen Songs angepasst. Während dem gerade erwähnten Song erinnerte die Kombination aus Ledermantel und schief aufgesetztem Hut ein wenig an D`Artagnan und Kollegen.

Die offiziell erste Hälfte der Show war nun bereits verstrichen und bisher lag die Deckungsgleichheit zum Vorabend bei gefühlten 90 %! Abgesehen von den Tonschwierigkeiten und der Zurückhaltung im Ausruf von Begrifflichkeiten wie „Motherfucker“, die in Scheeßel schon für Ohrenschmerzen sorgten, glich sich hier ein Ei dem Anderen und Gestiken und Mimiken schienen recht fleißig einstudiert. Weiter in der Setlist dann mit „Rock Is Dead“, der aktuellen Single „Heart-Shaped Glasses“, „Tainted Love“ und „Dope Show“ gelang es der Band nun doch noch und endlich, die erste richtige Gänsehaut des Tages auf den Körper zu zaubern. Mit den ersten Tönen von „Great Big White World“ wurde wieder einmal klar, was für wunderschöne, grandiose Songs diese Band zustande bringen kann und eine leichte Note der Ergriffenheit ließ mich verstummen. Die alten Zeiten sind doch immer die Besten – was kann da noch folgen?

Wie wäre es mit einer Dauerschleife „Deutschlääänd“? Keine Ahnung welchen Sinn und Zweck oder welche Gefühle dieser nach dem ungelogenen neunten Mal in Folge ausgerufene Begriff vermitteln sollte, aber mal ehrlich – das war eindeutig zuviel des Guten, das wirkte nahezu dämlich und geht nun wirklich besser! Aber traditionell war dieser Einstieg zu „Fight Song“ allemal. „Fight, Fight, Fight…“, danach „Beautiful People“ und Nebelgedonner und die Show war vorbei. Kein Stuhl, kein weiterer Song. Für ein Konzert dieser Art und dieses Preises viel zu kurz und unflexibel, Songauswahl identisch dem Vorabend und ziemlich unpersönlich.

Dafür, das die Liebe zu Berlin ja bekanntlich eine große ist, wurde sich hier keineswegs Mühe gegeben, dieses Gefühl von Interesse zu vermitteln. Schade, schade! Auch die zahlreichen Symboliken wie z. B. das Doppelkreuz oder die filmische Hintergrundinszenierung der Show inklusive buntem Tablettenballett auf Leinwand reißt das Ruder nicht mehr rum. Da bleibt nur zu hoffen, dass baldige Besserung und Genesung durch die Glieder fährt, denn es wäre nur allzu schade, diese einstige grandiose Formation dahinschmelzen zu sehen. Dafür liegt noch viel zu viel Potential und Kraft im Meister, die noch belebt werden kann.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, im Zweifel für den Angeklagten – das wird wieder werden, ich bin mir sicher!

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